Feuchter Traum vieler Männer
Der Weg zum eigenen Whisky
Der Traum von der eigenen Whisky-Abfüllung klingt unerfüllbar, ist aber gar nicht so unrealistisch. Spirituosen-Experte Roland Graf erklärt im Gentleman-Blog, wie man sei Ziel erreichen kann, was es kostet, ob sich Whiskys als Investment eignen und was es beim “Private Label” unbedingt zu beachten gilt.
Whisky als Investment?
Eine Warnung vorab: Nur, wer den Whisky-Markt mit gefüllten Fässern in Grundzügen versteht, sollte an ein flüssiges Investment denken. Das sagen nicht wir, sondern ist eine offizielle Ansage von der „Scotch Whisky Association“ (SWA).
Der Verband, der gut 130 Brennereien und ein Export-Volumen von fünf Milliarden Pfund repräsentiert, klingt in seinen Guidelines vom Juni 2020 regelrecht besorgt. Der Grund war die steigende Anzahl von Firmen, die den Kauf von Einzelfässern als Investment-Gelegenheit anbieten. Das große „Aber“ der Hüter des Single Malts: Schottische Whisky-Fässer sind kein regelmäßig auf einem offenen Markt gehandeltes Gut. Sie werden innerhalb der Industrie verkauft. Anders gesagt: Es existieren gar keine Richtpreise. Dadurch sind sie als Investment eher schlecht geeignet.
Was ist ein Fass Whisky überhaupt wert?
Mehr noch, ein Teil der Fässer, die zwischen den Blendern und Brennereien den Besitzer wechseln, tun das auf dem Tausch-Weg. Es ist eines der offenen Geheimnisse der Industrie, dass für einige „Blended Scotch“-Rezepturen eben nicht alle Bestandteile aus einer Brennerei oder Firmengruppe kommen.
Das beste Beispiel dafür stellen getorfte Whiskys dar, die zwar eine prononcierte Würze im Blend einbringen, aber nicht eigens von allen Erzeugern destilliert werden, die diese verwenden. Denn auch, wenn die Single Malts im Fokus stehen, macht der aus Malt- und Grain Whisky komponierte Blended Scotch mehr als 90 Prozent der schottischen Produktion aus. Und hier kann es zu Überschüssen aus dem „cask swap“ kommen, wenn nicht jedes Fass benötigt wird.
Diese Überschüsse greifen in der Regel die „independent bottlers“ ab. Abfüller wie Cadenhead’s“, „Signatory“, „Douglas Laing“ oder „Compass Box“ tun genau das: Sie beziehen Fässer direkt von den Brennereien oder von sogenannten Whisky-Brokern. Abgefüllt wird entweder mit Hinweis auf die Destillerie, mit Phantasienamen („Rock Oyster“) oder mit der Herkunfts-Bezeichnung („Elements of Islay“) bzw. einem Label, das den Geschmack signalisiert wie „Peat Monster“ oder „Big Peat“.
Ohne Partner vor Ort kein Single Malt!
In der Regel werden limitierten Whiskys in Fass-Stärke und mit nummerierten Flaschen-Angaben geliefert. Könnte man das nicht auch selbst machen, wenn man denn ein Fass in die Hände bekäme? Leider nein! Denn abgefüllt muss in Schottland werden, das legte die SCA verpflichtend fest, wenn „Single Malt Scotch Whisky“ auf den Flaschen stehen soll. Auch für die Exklusiv-Abfüllungen, die sich Whisky-Clubs in Deutschland gerne leisten, braucht es daher einen Partner vor Ort.
Viel Nachschub an einzelnen Fässern stammt aus längst geschlossenen Brennereien, deren Lager noch zu Geld gemacht wird. Rund 6000 bis 8000 Pfund muss ein Privater anlegen, falls er durch Glück und Kontakte Zugang zu einem ganzen Fass „New Make“ (=frisch gebrannter Whisky) bekäme. Dieser Preis für 200 Liter beinhaltet auch Lager- und Versicherungskosten für die ersten zehn Jahre.
Bereits gelagerte Fässer sind teilweise doppelt so teurer: Das kann je nach Lagerzeit schon mal auf das Doppelte oder mehr kommen. Zudem sollten „Frischlinge“ im Fass-Geschäft nicht die Kosten und den Aufwand für die Abfüllung unterschätzen.
Start ups als günstige Variante
Ausgeträumt ist der Traum vom eigenen Whisky damit noch lange nicht. Denn die Karten wurden in den letzten Jahren neu gemischt – vor allem außerhalb Schottlands. Der Boom an Brennerei-Projekten, vor allem in Irland, hat etwa ein Modell hervorgebracht, das der Ökonomie des Whiskys folgt. Denn aufgrund der rechtlichen Vorgabe (erst drei Jahre im Fass gelagertes Destillat darf Whisky heißen) verdienen Brennereien jahrelang kein Geld. Es sei denn, sie bekommen einen Vorschuss für das ungelagerte Destillat.
Mittlerweile ist das auch für Teilmengen möglich – denn 300 Flaschen Whisky übersteigen nicht nur den Durst, sondern auch die Finanzmöglichkeiten von Hobby-Sammlern. Das Projekt „Pieces of Eight” teilt ein Fass auf mehrere Anleger auf, jeder erhält einen Achtel-Teil des Holzfass-Deckels mit Inschrift. Die Brennerei im County Cork hat den Aufwand auf 1000 Euro herunter reduziert. Dafür gibt es 40 Flaschen Whiskey (in Irland mit „e“!), die nach acht Jahren zur Verfügung stehen.
Foto: Eigenes Label: Der Österreicher Andreas Schmidt mit seinen Old Raven Whiskys
Whisky-Fass in Deutschland kaufen
Der Kauf eines eigenen Whisky-Fasses ist aber auch in Deutschland recht einfach möglich. Denn auch hier kapitalisiert sich die Brennerei-Szene gerne im Vorhinein. Besonders bekannt wurde das Angebot der unter Bars beliebten „Spreewood Distillers“, die mit 50 Litern einfach kleinere Fässer offerieren. Hier erfolgt die Reifung schneller, im Spreewald ist auch das Service-Level für Investoren hoch: Die Kunden bekommen dafür noch kostenlos ihren Namen oder das Firmenlogo auf die Vorderseite des Fasses gebrannt. Zudem gibt es einmal jährlich eine 2cl-Probe aus dem eigenen Fass mit Roggen-Whisky.
Im Richtpreis von 3000 Euro für den Whisky sind auch die Branntweinsteuer, eine Lagerung von drei Jahren und die Abfüllung selbst ist inkludiert. Alles Weitere, wie etwa die gewünschte Fass-Größe und Vorbelegung (Bourbon, Rum, Portwein), wählt man am Online-Konfigurator der Brandenburger aus. Und dann braucht der geneigte Whisky-Trinker nur noch ein paar Jahre Geduld, bis sein eigener Rye aus dem Fass darf!
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