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Modegeschichte: Jil Sander

Modegeschichte: Jil Sander

Jil Sander gehört zu den sehr wenigen deutschen Designern, die es auf der internationalen Modebühne geschafft haben, auch bei den Männern einen Trend zu setzen. Modemacher Holger Sommer lüftet im Gentleman-Blog das Erfolgsgeheimnis der »Queen of the Less«.

Von Hamburg in die internationale Modewelt

Vorweg sei gesagt: Das Auf und Ab nach dem Verlassen der eigenen Marke und das Hin und Her der wirtschaftlichen Begebenheiten interessieren mich hier nicht wirklich. Vielmehr gehe ich darauf ein, was den Stil von Jil Sander tatsächlich ausmacht.

So, fangen wir von vorne an. Heidemarie Jiline Sander wurde 1943 in Wesselburen geboren. Früh zeigte sie ihr Interesse für Mode. Nach dem Textilingenieur-Studium, einem Aufenthalt in Los Angeles und der Arbeit als Moderedakteurin für verschiedene Zeitschriften eröffnete sie 1967 in der Hansestadt Hamburg, dem Tor zur Welt, ihren ersten eigenen Laden. Von der Milchstrasse aus, so der Name der Straße, in der ihr Geschäft ist, begann ihre Karriere.

Zunächst verkaufte sie Damensachen anderer Designer und nebenbei auch ihre ersten eigenen Stücke. 1968 gründete sie schließlich die Jil Sander GmbH. Durch einen lukrativen Vertrag für ihr Parfüm bekam sie den finanziellen Rückhalt, um an ihrer eigenen Kollektion zu arbeiten und baute ihren Ruf mit der Zeit auf internationaler Ebene aus. Doch bleiben wir noch einen kurzen Augenblick bei ihren Damensachen.

Die Anfänge der »Queen of the Less«

Hier eine Glocke, dort die Rüschen, im Saum noch die Spitze und die Farbe – alles, was zunächst für die Damenkleidung Geltung hatte, verbannte Jil Sander in das Reich der Fabelwesen. Sie nahm einen Stoff, gab ihm eine Form, eine Verarbeitung, die den Stoff leben ließ, eine ausgewählte Farbpalette, allerdings ohne zu schreien, und kreierte damit das, was die Hamburger Damenwelt wollte: sachlich elegante Kleidung mit einem Touch von Avantgarde. Ein Stil, der Design und Esprit versprüht. Jedes Element sitzt an der richtigen Stelle. Nichts ist zu viel oder zu wenig. Das ist das, was ihr den Erfolg auf der internationalen Modebühne geebnet hat und, was in ihrem Spitznamen „Queen of the Less“ auf eine äußerst respektvolle Art und Weise ausgedrückt wird. Nun zu ihren Männerstücken.

Für die Männermode ließ sie sich etwas mehr Zeit. Bevor sie 1997 ihre erste Men’s Collection in Mailand vorstellte, arbeitete sie zwei Jahre an dem Konzept. Zwei Jahre, in denen sie die Materialien, Formen und Farben ausprobierte. Um zum einen auf dem gleichen Design-Niveau wie bei ihrer Damen-Kollektion zu sein und zum anderen zu verstehen: Was will „ihr“ Mann? Was trägt und fühlt er? Inspiriert durch die in englischer Mode herumlaufenden Männer in Hamburg, nahm sie der Kleidung die Einlagen raus. Ein Sakko ohne Einlage? Wo bleibt der Stand der Schulter, wie behalten Kragen und Revers ihre Form?

skizzen

Die entwickelten Materialien tun Einiges dazu. Einen weiteren Teil übernimmt der Schnitt, die Verarbeitung und damit die Form – die Grenze zwischen der notwendigen Form und dem Design ist fließend, um das Sakko in Form zu halten. Durch die Konzentration auf das Material an sich werden die Stücke dünner, was sich auch in der Wirkung nach Außen zeigt. Der Träger sieht einfach schlanker aus. Zur Erinnerung, zur damaligen Zeit hatten die Herren in ihrem Sakko noch wahrlich dicke Einlagen, was sich heute kaum noch jemand vorstellen kann. Die heute verwendeten Einlagen sind weitaus dünner und weniger geworden.

Die Kunst liegt in der Reduktion

Wieder zurück zum Stil von Jil Sander: Wie bei den Damen ist es bei den Herren noch schwieriger, nur das Notwendigste an jedem Kleidungsstück zu behalten. Die Herrenwelt reagiert weitaus sensibler auf zu viel Schnickschnack. Die Männer lieben Details an der richtigen Stelle. Es darf nur bitte nicht zu viel sein. Auch hier bildet die Jil Sander Men’s Collection einen Gegenpol zu Labels wie Jean Paul Gaultier, John Galliano, Prada oder Gucci. Dort kann es, was das Design der Stoffe betrifft, schon mal so richtig bunt und knallig in den Farben und Formen zugehen.

Jil Sander bewegt sich immer im Bereich von Farben, die der Pastell-Palette entspringen. Sie geben eine klare Farbe vor, ohne die Sinne zu blenden. Ihr ist es wichtig, dass der Mann das Design fühlt, er soll sich in seiner „Klamotte“ zuhause, soll sich wohl fühlen. Unter ihrer Leitung legte sie stets großen Wert auf die Qualität der Materialien und die Verarbeitung. Ihr Ansinnen ist es, das „ihr“ Mann ihre Teile jahrelang tragen kann, ohne dabei zu wirken als sei er modisch hinter dem Mond geblieben.

Noch ein persönliches Wort zum Schluss. Mit ihrem Minimalismus gilt Jil Sander für mich als eine der ganz Großen im Mode-Zirkus. Es ist nämlich die wahre Kunst, einem Kleidungsstück Tiefe und Ausdruck zu verleihen, dabei nur das wahrhaftig Notwendige zu sehen und diesem den richtigen Platz zu geben in Farben, Form und Proportionen. Jil Sander gelingt es, das ausgewählte Material am Mann einfach fantastisch aussehen zu lassen.

Ihr Holger Sommer

Anmerkung des Autors: Das Portrait orientiert sich an dem Werbefoto zum ersten Parfüm von Jil Sander.

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Über den Autor

Holger Sommer PortraitSchon von klein auf an Mode interessiert, macht Holger Sommer nun seine eigene. Vor allem die Anzüge haben es ihm angetan. Hier entsteht in Handarbeit jedes einzelne Stück mit Eigensinn und mit dem klaren Ziel, jeden Kunden wirklich gut aussehen zu lassen.

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Ein Kommentar

  1. […] die etablierten und traditionellen Marken wie Dries Van Noten, Jil Sander, Iceberg, Loewe, Comme des Garçons und Louis Vuitton präsentieren auf ihren Fashion-Shows radikal […]

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