Work-Life-Balance und Vaterschaft
Wie Führungskräfte Karriere und Familie in Einklang bringen können
Die Vereinbarkeit von Karriere und Familie stellt heutzutage für viele Menschen eine große Herausforderung dar – auch für Väter, die Führungspositionen innehaben. Während in der Vergangenheit vor allem Frauen mit der Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie konfrontiert wurden, rückt dies zunehmend auch für Männer in den Vordergrund. Männliche Führungskräfte stehen dabei oft vor der Situation, wie sie ihren beruflichen Erfolg gestalten können, ohne die Vaterrolle zu vernachlässigen. Über eine gesunde Work-Life-Balance, wie sich die Vaterschaft auf die Karriere auswirken kann und welche Strategien dabei helfen, Familie und Beruf in Einklang zu bringen, schreibt Eva Boos, Business Coach für Führungskräfte, im Gentleman-Blog.
Die Bedeutung der Vaterschaft in der Karriereplanung
Vor der Geburt eines Kindes machen sich viele werdende Eltern Gedanken darüber, wie sich die neue Lebenssituation auf den Job auswirken wird. Während Mütter sich oft gezwungenermaßen mit der Vereinbarkeit auseinandersetzen müssen, bleiben solche Überlegungen bei Männern oft an der Oberfläche. „Werdende Väter müssen sich diese Frage in der Job-Realität noch immer seltener und weniger intensiv stellen als werdende Mütter, was ungerecht ist“, meint Christoph Breitenfelder, Agenturleiter der PR-Agentur Fullstop in Wien. Dennoch haben immer mehr Männer den Wunsch, Vater zu werden und sehen diese Vaterrolle als wichtigen Bestandteil ihrer Identität – auch wenn dies bedeuten kann, dass sich bestimmte berufliche Ziele langsamer verwirklichen lassen.
Vaterschaft ist ein Geschenk, das das Leben in vielerlei Hinsicht bereichert, auch wenn es Herausforderungen mit sich bringt. Es geht dabei nicht nur um die Freude des Elternseins, sondern auch um die Verantwortung, die das tägliche Leben, eben auch das Berufsleben grundlegend verändern kann. „Unser Kind ist für mich das größte Geschenk, auch wenn es natürlich anstrengende Phasen gibt und sich manches im Leben durch die Vaterschaft geändert hat. „Doch darauf bewusst zu verzichten, um deshalb vielleicht noch mehr oder schneller Karriere zu machen, war für mich keine Option“, erklärt Breitenfelder.
Elternzeit nehmen: Eine Entscheidung
Die Elternzeit ist ein Zeitraum, der es Vätern und auch Müttern ermöglicht, direkt nach der Geburt Zeit mit ihren Neugeborenen zu verbringen, um die Bindung zu stärken. Trotz der gestiegenen gesellschaftlichen Akzeptanz entscheiden sich noch immer relativ wenige Väter für diesen Schritt, oft aus Angst vor beruflichen Konsequenzen.
Für viele Väter ist die Entscheidung zur Elternzeit eine bewusste Priorisierung. „Mir war es wichtig, mehr Zeit mit meinem Sohn verbringen zu können und über einen längeren Zeitraum hinweg den ganzen Tag für ihn da zu sein“, erklärt der Agenturleiter Breitenfelder, der drei Monate Elternzeit genommen hat. Diese Zeit habe ihm nicht nur erlaubt, wichtige Entwicklungsschritte seines Kindes hautnah mitzuerleben, sondern auch eine tiefere emotionale Bindung aufzubauen. „Diese Erfahrungen und Erinnerungen daran bleiben für immer“, betont er.
Doch nicht immer wird der Wunsch nach Elternzeit vonseiten der Unternehmen unterstützt. Während die rechtlichen Rahmenbedingungen für Elternzeit in Deutschland klar definiert sind, gibt es immer noch Arbeitgeber, die Väter entmutigen, diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen. Manche Arbeitnehmer bekommen sogar ??den versteckten Hinweis, dass dies ihre Position im Unternehmen nicht gerade stärkt. Anders bei Christoph Breitenfelder: „Meine Entscheidung wurde respektiert und wir haben gemeinsam die nötigen Vorbereitungen getroffen, um meine Abwesenheit so gut wie möglich über die Bühne zu bringen“, erzählt er. “Unterstützende Kollegen und Kolleginnen und eine klare Struktur im Unternehmen haben dabei geholfen, diese Phase gut zu überbrücken.”
Wenn der Arbeitgeber keine Unterstützung bietet
Viele Väter, insbesondere in Führungspositionen, erleben, dass ihre Entscheidung, in Elternzeit zu gehen, nicht von ihrem Chef unterstützt wird. Manche Unternehmen befürchten, dass eine längere Abwesenheit wegen Elternzeit negative Auswirkungen auf Projekte oder die Teamstruktur haben könnte. In solchen Fällen stehen Väter vor der Herausforderung, ihre Rolle als aktiver Vater mit ihrer Führungsrolle im Unternehmen in Einklang zu bringen. Diese Situation erfordert im Umgang mit Vorgesetzten nicht nur Fingerspitzengefühl, sondern auch eine klare Kommunikation und die Fähigkeit, konstruktiv auf Widerstände zu reagieren. Was hier helfen kann:
1. Offene und lösungsorientierte Kommunikation
Wichtig ist ein offener Austausch über den Wunsch, Elternzeit zu nehmen und dabei auch die Bedenken des Chefs anzuhören und dafür Verständnis zu zeigen.
2. Frühzeitige Planung und Übergabe anbieten
Für alle Beteiligten ist ausreichend Vorlaufzeit für die Planung und Übergabe der Aufgaben wichtig. Eine strukturierte und gut vorbereitete Übergabe an Kollegen und Kolleginnen entlastet das Team und zeigt, dass auch die Führungskraft während ihrer Abwesenheit Interesse für die Belange des Unternehmens hat.
3. Rechtliche Klarheit und Selbstbewusstsein
Elternzeit ist ein Anspruch, der gesetzlich verankert ist. Das heißt, ein werdender Vater hat das Recht, diese Zeit mit seiner Familie zu nutzen. Wenn der Arbeitgeber signalisiert, dass dies die Karriere oder Position schwächen könnte, kann die Führungskraft freundlich und bestimmt an die rechtlichen Rahmenbedingungen erinnern und an den bisherigen Nutzen, den das Unternehmen aus seiner Führungsrolle gewonnen hat.
Die Rückkehr ins Berufsleben nach der Elternzeit
Die Rückkehr aus der Elternzeit beginnt meistens in einer Art Übergangsphase, die sowohl für den Vater als auch für das Unternehmen herausfordernd sein kann. Einerseits ist es für den zurückkehrenden Vater wichtig, die Karriere erneut in den Alltag zu integrieren, um sich beruflich wieder schnell zurechtzufinden. Andererseits kann es anspruchsvoll sein, die gerade gewonnenen familiären Routinen mit den neuen beruflichen Anforderungen zu vereinen.
Viele Väter bereiten sich bereits während ihrer Elternzeit mental auf diese Rückkehr vor, um den Übergang möglichst reibungslos zu gestalten. „Ich habe schon während meiner Elternzeit ab und an, wenn mein Kind geschlafen hat, E-Mails gesichtet, um am ersten Tag nach meiner Rückkehr nicht mit tausenden neuen Mails konfrontiert zu sein und gar nicht zu wissen, was auf mich zukommt“, beschreibt Breitenfelder seine Strategie. Dennoch braucht es Zeit, um sich wieder in den beruflichen Alltag einzufinden, und es gilt, sich an die neue Rolle als arbeitender Vater zu gewöhnen.
Tipps für eine gelungene Work-Life-Balance als junger Vater
Für junge Väter, die in Führungspositionen arbeiten, kann es besonders herausfordernd sein, die Erwartungen des Unternehmens an die Job-Rolle mit den eigenen Bedürfnissen und denen der Familie zu vereinen.
Hier sind drei wertvolle Tipps von Christoph Breitenfelder, Agenturleiter der PR-Agentur Fullstop in Wien, um diese Balance erfolgreich zu meistern:
1. Klare Grenzen ziehen
Es ist entscheidend, sowohl gedanklich als auch räumlich klare Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen. Wenn man arbeitet, sollte man sich zu 100 Prozent auf den Job konzentrieren. Umgekehrt gilt es dann natürlich auch in der Zeit, die man mit der Familie verbringt, dieser die ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken. Besonders im Home-Office ist es wichtig, einen klaren Arbeitsbereich zu haben, der vom Familienleben getrennt ist.
2. Aufgaben priorisieren und delegieren
Gerade bei beruflichen Reisen oder Projekten, die zusätzliche Zeit beanspruchen, kann es sinnvoll sein, diese nach Möglichkeit ins Team zu delegieren. Dies schafft Raum für mehr Planbarkeit im familiären Bereich. So kann man bestimmte Rituale und Aufgaben daheim, wie beispielsweise das Kind zu Bett zu bringen, noch öfter wahrnehmen.
3. Pausen bewusst einplanen
Regelmäßige Pausen und freie Tage sind entscheidend, um nicht in den Strudel von beruflichen Verpflichtungen und familiären Aufgaben zu geraten. Je geregelter das Arbeitsleben ist, desto besser gelingt es mir, mich mit meiner Frau abzustimmen und auch Pausen für uns beide einzuplanen. Rituale wie das Zubettbringen des Kindes oder gemeinsame Wochenenden sollten bewusst in den Alltag integriert werden.
Fazit
Work-Life-Balance und Vaterschaft sind beides keine leichten Aufgaben. Sie in Einklang zu bringen, ist insbesondere für Führungskräfte, die in ihrem Job hohe Verantwortung tragen, anspruchsvoll. Es erfordert klare Prioritäten, Unterstützung durch das Umfeld und die Bereitschaft, die eigenen Erwartungen an sich selbst realistisch einzuschätzen und zu gestalten. Denn Vaterschaft ist nicht nur eine Bereicherung für das persönliche Leben, sondern kann auch eine Chance sein, gestärkt in den Job zurückzukehren – mit neuen Perspektiven und einem erweiterten Verständnis für Verantwortung und Führung. Zudem lehrt insbesondere das Leben mit Kindern einem die Notwendigkeit einer guten Selbstführung.
Lesen Sie auch: 11 Tipps für frisch gebackene Väter
Keine Kommentare