Nachgeschaut auf der Insel Islay
Wie kommt der Rauch in den Whisky?
Für die einen ist es der einzig wahre Gentleman-Drink, für die anderen schmeckt getorfter Single Malt-Whisky wie ein ausgeleckter Aschenbecher. Wie aber kommt es eigentlich zu dieser polarisierenden Räuchernote. Roland Graf stand für den Gentleman-Blog in der Selchkammer der Insel Islay und erfuhr dabei sogar, welchen Malt Prince Charles bevorzugt.
Port Ellen hat unter Whisky-Freunden einen fast magischen Klang. Einzelflaschen der nicht mehr existierenden gleichnamigen Destillerie sind stark nachgefragt, doch in dem Hauptort der westschottischen Insel Islay wird auch heute noch gebrannt. Und im Gegensatz zu vielen anderen Whiskyhäusern sticht man hier den Torf noch selbst. Der fossile Brennstoff, der mit einem Millimeter pro Jahr langsam nachwächst, zählt zu den Geschmacksgeheimnissen des Insel-Whiskies. Händisch mit einem paddelförmigen Gerät oder per Maschine werden Schicht für Schicht die verrotteten Moos-Ziegel vom Boden abgehoben. „Wir nehmen nur Moos-Torf, das hat einen eigenen Geschmack, der mit Holztorf nicht vergleichbar ist“, erklärt Destillerie-Manager John Campbell.
Der Torfrauch als USP
Der Torf sorgt für den spezifisch rauchigen Geschmack bei „Laphroaig“, der chemisch betrachtet von den Phenolen im Whisky stammt. Er kommt über die Kombination aus dem Torfrauch und der angekeimten Gerste, dem Malz, in die Flaschen. Für viele ist dieser Geschmack der einzig wahre beim Whisky, andere haben sich mit der Lagerfeuer-Note gleich beim ersten Verkosten die ganze Spirituosenkategorie abgewöhnt. Dabei wird nur in Schottland und einigen weiteren europäischen Ländern „getorft“. Mit wenigen Ausnahmen hingegen sind irischer Whisky und Bourbon nur ohne das Raucharoma zu haben.
Das Malz wird im 43-Mitarbeiter-Unternehmen „Laphroaig“ noch selbst erzeugt, ein ganzer Dachboden voll dient der Keimung der Gerste. Rund ein Fünftel des gesamten Bedarfs deckt diese traditionelle Methode unter der strengen Qualitätskontrolle. Für den Geschmack ist es aber von überragender Bedeutung, denn nur dieser Anteil bekommt den so typischen Rauch-Geschmack. Für den gab es immerhin ein „Royal warrant“ vom Prince of Wales, dessen Lieblingswhisky er darstellt. Das Wappen mit den Straußenfedern ziert seither nicht nur den Eingang zur Produktion, sondern auch jede Flasche, die die Destillerie verlässt.
Erst Räuchern, dann Trocknen
Das eigentliche Geheimnis von Prince Charles‘ Whisky-Favoriten liegt im zweistufigen Darren des Malzes. „Normalerweise kommen Hitze und Rauch gleichzeitig zum Einsatz, um die Keimung zu stoppen“, so Campbell. Das hat historische Gründe: Ehe die angekeimte Gerste mit Gasfeuer und damit gesteuerter Temperatur erwärmt wurde, war die offene Flamme State of the art in den Destillerien (und übrigens auch den Brauereien). Damit kam immer auch ein gewisser Rauchanteil ins Malz. Das Torffeuer nützt diese Aromatisierung auch heute noch. Ähnlich, aber ohne Torf, wird das bei der Bamberger Spezialität „Rauch-Bier“ gemacht.
Laphroaig setzt aber auf eine zunächst mit kaltem Rauch erfolgende Aromatisierungsphase. Direkt unter dem Malzlager findet sich die Kammer, in der Torf bei möglichst geringen Temperaturen zum Qualmen gebracht wird. Der eigentliche Trockenvorgang, die Voraussetzung für die spätere Vergärung des Malzzuckers, erfolgt in einem zweiten Schritt. Erst danach kann die Flüssighefe die Würze (engl.: wort) in das mit 8 Prozent nur leicht alkoholische „wash“, den bier-ähnlichen Ausgangsstoff für den Single Malt verwandeln.
Phenole im Alterungsprozess
Der Rauch im Whisky wird von Destillerie-Chef Campbell, der seit 17 Jahren im Betrieb ist, immer konstant gehalten: „40-50 parts per million (ppm) sind es in jedem Laphroaig“, erklärt Campbell. Das ist wenig, verglichen mit dem ebenfalls von Islay stammenden Rauch-Rekordhalter „Octomore“ von Bruichladdich, der knapp 200 ppm mitbringt. Doch der Rauch soll die feinen Aromen schließlich unterstützen, nicht überdecken.
Je nach Lagerung im Fass kommen die Geschmacksrichtungen unterschiedlich stark durch. Während der Klassiker des Hauses, der „Laphroaig 10 years“ nach Jod und kaltem Aschenbecher riecht, sieht es beim Jubiläumswhisky zum 200. Destillerie-Bestehen anders aus. Der fünf Jahre länger gereifte Malt folgt einer Regel, die Islay-Fans als „from peat to sweet“ kennen. Der „15 years“ wirkt süßer, der Rauch deutlich zurückgenommen im Vergleich mit dem jüngeren Laphroaig. Es war übrigens genau ein solches Fass, in das sich britische Thronfolger Prince Charles einst verliebte. Seine Unterschrift am Fass-Deckel zeigt man noch heute gerne im „Warehouse Nr. 1“.
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Ich war letztes Jahr auf Islay, da schmeckt sogar das Grundwasser an manchen Stellen torfig. Ich fand das Genial!
Ein sehr guter Artikel – informativ und interessant
Ich trinke seit Jahren Whiskey, habe mich aber nie dafür interssiert woher der rauchige Geschmack kommt. Man lernt nie aus. Hat mir gefallen der Artikel.
Sehr schöner Artikel. Ich als leidenschaftlicher Whisky-Trinker fand ihn auch sehr informativ.
Hervorragende Story – Graf-Style eben.