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Small Talk – Die Kunst des kleinen Gesprächs
Smalltalk oder das ‚kleine Gespräch‘ genießt in unserem Kulturkreis kein großes Ansehen. Aber gerade das, was sich zwischen den Menschen abspielt, macht es uns leicht oder schwer, gemeinsame Projekte anzugehen. Hier gilt der Satz von François de La Rochefoucauld „Vertrauen gibt dem Gespräch mehr Stoff als der Geist.“ Aber wie können wir Vertrauen herstellen bzw. die Grundlage dafür legen? Diplom-Sprechwissenschaftlerin Kerstin Köhler verrät es im Gentleman-Blog, wie Small Talk richtig geht.
Das G.E.N.T.L.M.A.N.-Prinzip
Wie also geht man das kleine Gespräch an? Das G.E.N.T.L.E.M.A.N.-Prinzip ist hierbei DIE Formel für erfolgreichen Small Talk:
Gespräch: Kontaktziel ist entscheidend.
Eindruck: höflich, souverän, sicher.
Neugierig auf Andere: Interesse zeigen.
Themen auswählen – passend zur Situation.
Liebe/Wertschätzung: Situation, Person, Thema – eins davon müssen Sie mögen.
Einstieg: Gruß, Name, Anlass.
Mimik: Sagen Sie Ihrem Gesicht, dass Sie das Kontaktziel wollen.
Ausstieg: Freundlich und klar.
Nicht negativ (starten), positives Hervorheben.
Mit Wohlfühlinseln punkten
Der Sinn vom kleinen Gespräch liegt im Kontakte initiieren, herstellen und pflegen. Small Talk dient der Auflockerung, soll mitunter Zeit überbrücken, gibt den Einstieg für nachfolgende Gespräche und ermöglicht das Sondieren der Gesprächspartner.
Ziel des Small Talks ist also kein detailliertes inhaltliches Gespräch. Ziel ist es, einen Gesprächskontakt zum Gegenüber herzustellen, eine positive Atmosphäre für alle Beteiligten zu schaffen. Wir kreieren eine gemeinsame Wohlfühlinsel, wo sich alle gern aufhalten – thematisch und in der Art und Weise der Unterhaltung.
Dabei ist der Kontext entscheidend. Allerdings zählt auch die Fähigkeit, ein angenehmes Gesprächsklima zu entwickeln, das noch nicht verpflichtet, aber schon eine gegenseitige Wertschätzung darstellt.
Top und Flop Themen für Small Talk
Für viele die entscheidende Frage beim Small Talk: „Worüber reden?“ Ganz oft höre ich die Meinung: „Wenn ich mit jemandem nur übers Wetter reden kann, muss ich mich auch gar nicht unterhalten.“ Nun, das würde die Welt ein wenig leiser machen – hilft aber nicht immer. Zum Beispiel, wenn es unsere (berufliche oder private) Rolle erfordert, Kontakte herzustellen. Oder wenn es gilt, inhaltliche Gespräche vorzubereiten.
Richtig gelungen ist ein Small Talk, wenn sich alle Beteiligten in einer Wohlfühlinsel befinden. Letztlich gilt für das richtige Thema, was Moritz Freiherr Knigge so treffend schreibt: „Wer das Wetter nicht ehrt – ist den Small Talk nicht wert.“
Es gibt Themen, die den Einstieg in ein Gespräch eher gelingen lassen als andere. Die Top-Themen sind: Situationsbezug (Tagung, Seminar, Weihnachtsfeier, Warten auf den Flieger,…), Gemeinsamkeiten, Anreise, Aktuelles, Sport, Essen/Trinken, Hobby, Urlaub, Kultur – und eben das Wetter. Denn das haben alle.
Flop-Themen für den Smalltalk sind vor allem: Prestige, Katastrophen, Religion, Politik, Persönliches oder Krankheiten. Hier ist die Gefahr groß, dass wir Wohlfühlinseln beim Anderen zerstören bzw. nicht entstehen lassen. Klar ist, dass hier der Kontext mit entscheidet, was wie ankommen kann. Klar ist auch: Die meisten Situationen lassen sich vorbereiten.
„Sprich mit den Leuten über das, was sie verstehen: mit dem Jäger über die Jagd, mit dem Fischer über den Fischfang, mit dem Winzer über den Wein. Das gibt immer ein gutes Gespräch.“– Friedrich Georg Jünger
Der erste Eindruck macht’s
Beruflich relevant wird Small Talk, wenn wir Kontakte zu potenzielle Arbeitgebern, Kunden oder Entscheidern herstellen wollen. Eine Studie der Hochschule Darmstadt fand heraus: Bei gleicher Leistung wirkt sich Ähnlichkeit als Plus, Unähnlichkeit als Minus aus. In seinem Buch „Der Mythos der Leistungseliten“ stellt Prof. Hartmann vier Merkmale vor, die für die Beurteilung einer Person entscheidend sind:
- die Vertrautheit mit der Zielgruppe und dem dort gültigen Dress-Codes
- eine breit ausgerichtete Allgemeinbildung
- eine ausgeprägte unternehmerische Einstellung
- persönliche Souveränität und Selbstsicherheit
Daraus ergibt sich für den Small Talk folgende Forderungen: Werden Sie vertraut mit Ihrer Zielgruppe und gestalten Sie bewusst Ihre Wirkung, die Sie auf andere Personen haben. Der erste Eindruck gibt die Grundlage dafür, ob Ihnen Aufmerksamkeit oder Desinteresse und Skepsis entgegengebracht wird. Dabei sind die Reaktionsmuster individuell verschieden und kulturell geprägt. Das „kleine Gespräch“ dient dazu, Gemeinsamkeiten zu finden und das „Freund-Feind-Schema“ abzuklopfen.
Doch nicht jedermann ist ein geborenes Small-Talk-Talent. Es erfordert Geschick, zum richtigen Zeitpunkt das passende Thema ins Gespräch zu bringen, eine Unterhaltung zu beleben und mit einem bleibenden Eindruck abzuschließen. Dabei ist es hilfreich, sich in die Person des Gegenübers zu versetzen und sich zu fragen, welche Interessen der Gesprächspartner haben könnte.
Der Einstieg in den Small Talk
Denken Sie daran, dass Stille und Pausen nicht immer für alle entspannend sind. Sie können auch anstrengend und unangenehm sein. Sogenannte Eisbrecher sind da sehr willkommen. Hierfür eignen sich Gesprächseröffnungen oder gezielte Fragen, um die Verkrampfung aus den Gesichtern und Körpern zu lösen.
Der Einstieg in ein Gespräch gilt bei vielen als Schwierigkeit. Allerdings gibt es dafür ein Hilfsmittel: Situationsbezug – gern mit Humor. Ein lieber Kollege hat bei einer Tagung einen Einstieg genutzt – momentan die Nummer 1 bei mir: „Eigentlich wollte ich in mein Zimmer – aber jetzt bin ich hier.“ Sprachs und setzte sich zu uns an die Hotel-Bar. Auch schön, als Überleitung (neues Thema oder Gehen) von einem anderen Kollegen: „Ich bin betrunkener, als es eigentlich spät ist.“ Also: Je näher an der Situation, desto besser. Dies gilt auch für alle anderen die Themen, die für das kleine Gespräch geeignet sind.
- Situation ansehen
- Gesprächspartner unter die Lupe nehmen
- Thema auswählen (Was interessiert mein Gegenüber? Denn Wohlfühlinseln sind immer auch für die andere Seite)
Beim Einstieg bewährt hat sich in eine Gesprächsrunde mit überwiegend fremden Menschen die Formel G.N.A.: Gruß, Name, Aufhänger. Dieser „Aufhänger“ kann sein: Woher Sie die Gastgebenden kennen, Ihr Bezug zu diesem Ort, der Stadt u. v. m. Um ins Gespräch zu kommen, sollten Sie mit einer offenen Frage einsteigen.
- „Wie war Ihre Anreise?“
- „Ich bin gespannt auf die Tagung, wie sind denn Ihre Erwartungen?“
Haben Sie bemerkt, dass vor Ihrem „Auftritt“ ein Thema interessiert diskutiert wurde, warten Sie nach Ihrer Begrüßung kurz ab, hören zu und steigen erst dann mit Bezug auf das aktuelle Thema ein.
- „Was genau meinen Sie mit …?“
- „Welche Tipps können Sie für ein Reise nach … geben?“
Und noch eins: Versuchen Sie sich Namen und interessante Details (Studienkollegin vom Gastgeber) zu merken. Die meisten Menschen fühlen sich wertgeschätzt, wenn Sie mit dem Namen angesprochen werden. Merken Sie sich Einzelheiten, können Sie im Small Talk daran anknüpfen. Zudem werden sich Ihre Gesprächspartner geschmeichelt fühlen, dass Sie ihn/sie offensichtlich für so interessant halten, dass Sie sich an Einzelheiten erinnern können.
Der Ausstieg aus dem Small Talk
Sie möchten die Gesprächsrunde verlassen. Dies sollten Sie freundlich verbalisieren. Mögliche Varianten sind hier:
- „Ich möchte noch mit XY sprechen, vielen Dank für das interessante Gespräch.“
- „Dann werde ich mal weiterziehen, es war nett Sie kennenzulernen“.
Auch hier gilt: Nicht im Weggehen die letzten Worte sprechen, sondern präsent bis zum Ende: fester Stand, Lächeln, Blickkontakt. Und sprechen Sie klar und deutlich!
Übung macht den Meister
Auch für den Small Talk gilt: Übung macht den Meister. Insofern sind auch die anstehenden Feiertage eine Möglichkeit, eigenes Small-Talk-Handwerk zu üben und Schwiegermutter, Freunde oder Kollegen zu verblüffen. Zum Beispiel mit einem humorvollen Einstieg oder Fragen, die gezielt vom Lieblings(flop)thema „Krankheiten & Co“ wegführen.
Viel Vergnügen dabei und frohes Fest sowie einen fulminanten Start ins neue Jahr mit vielen Gesprächen auf verschiedenen Wohlfühlinseln!
Und was sagt Konfuzius dazu?
„Im Zusammensein mit einem Mann von Rang und Würden gibt es drei Verstöße: Reden, ehe er dich angesprochen hat – das ist vorlaut; nicht reden, wenn er dich angesprochen hat – das ist verschlagen; reden, ohne dabei seine Miene zu beobachten – das ist blind.“ – Konfuzius
Die Autorin
Seit 1996 ist Kerstin Köhler Senior Executive Coach bei ExpertExecutive Frankfurt. Sie ist spezialisiert auf zielorientierte B2B-Kommunikation und erfolgreiche Wirtschaftsrhetorik für Entscheider. Ihre Themen: Souverän auftreten – clever kontern – sich in Verhandlungen durchsetzen – in den Medien überzeugen.
Danke für die vielen Denkanstöße!
Als Begleitlektüre zu dem Thema empfehle ich „How to win and influence People“ von Dale Carnegie! Link: http://www.amazon.de/Friends-Influence-People-Hors-Catalogue/dp/0671723650
Wer keine Zeit dafür hat, kann auch einfach nach einer kurzen Zusammenfassung googlen :)