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Florian S. Küblbeck im Interview: „Die Deutschen haben Angst davor, sich falsch anzuziehen“

Florian S. Küblbeck im Interview: „Die Deutschen haben Angst davor, sich falsch anzuziehen“

Autor und Coach Florian S. Küblbeck schreibt seit Anfang 2009 im Stilmagazin eine regelmäßige Kolumne zum Thema „Grundsteine einer nachhaltigen Herrengarderobe“. Seit Oktober 2010 betreut er auch federführend den redaktionellen Teil des Magazins. Im Interview mit dem Gentleman-Blog spricht er über seine Leidenschaft für Herrengarderobe, den typisch deutschen Stil und das richtige Outfit auf einer Hochzeit.

Sehr geehrter Herr Küblbeck, woher stammt eigentlich Ihre Leidenschaft für Herrenmode?

Florian S. Küblbeck: Ich interessiere mich schon seit meiner frühen Jugend für Mode und Kleidung. Das konkrete Interesse für die Herrengarderobe, also alles das, was nicht für die Entsorgung nach einer Saison konzipiert ist, entwickelte sich dann im Laufe der Zeit daraus. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass Herrengarderobe mit Mode nur am Rande zu tun hat, nämlich da, wo sich Mode und Kleidung gegenseitig beeinflussen und befeuern. Eine bestimmte Mode ist für mich also keine Grundlage für eine Garderobe.

Wie wichtig und wie unwichtig darf beziehungsweise sollte es einem Mann eigentlich sein, was andere Personen über seine Kleidung und seinen Stil denken?

Florian S. Küblbeck: Eine interessante Frage, auf die man sicherlich keine allgemeingültige Antwort geben kann. Ich möchte sie eher lieber von der Seite des „auf-andere-wirken“ statt des „für-andere-anziehen“ her beschreiben. Für mich ist guter Stil im allgemeinen die Verlängerung der eigenen Geisteshaltung nach außen. Das gilt im speziellen auch für die Garderobe. Wer das Kunststück schafft, diese Verlängerung nach außen modisch umzusetzen, wirkt auf sein Umfeld zwangsläufig stimmiger als jemand, der sich nach dem Motto „Wie will ich heute aussehen?“ quasi verkleidet. Auf diese Weise an die eigene Garderobe heranzugehen kann vielen helfen, das Stigma der Eitelkeit zu überwinden, mit dem man sich als gut gekleideter Mann oft konfrontiert sieht. Natürlich sollte es uns nicht egal sein, wie unser Kleidungsstil auf andere wirkt, schließlich sieht unser gegenüber den Großteil seines Gesprächspartners in Kleidung. Aber ebenso wenig sollte uns egal sein, wie wir charakterlich auf andere wirken. Und damit schließt sich der Kreis meiner These: Die Wirkung auf andere ist wichtig, die eigene Kleidung macht aber nur einen Teil dieser Wirkung aus.

In der Mode gibt es den britischen oder den italienischen Stil. Gibt es auch einen typisch deutschen Stil und wenn ja, was verstehen Sie darunter?

Florian S. Küblbeck: Die zynische Antwort würde lauten: Sandalen, weiße Sportsocken, Bermudas und ein Achselhemd. Etwas weniger klischeehaft könnte man vielleicht sagen, der deutsche Stil ist von starkem Regeldenken geprägt, allerdings nicht auf diese englische, standes- und herkunftsorientierte Art und Weise. Uns geht es eher um situationsabhängige Korrektheit, ob eingebildet oder tatsächlich. Ein österreichischer Stoffhändler meinte kürzlich einmal zu mir: „Die Deutschen haben eigentlich immer Angst davor, sich irgendwie falsch anzuziehen“. Ganz unrecht hat er damit nicht. Ich kenne kaum Länder, die mehr Literatur zum Thema „Einstecktücher richtig falten“ hervorbringen als unseres.

Welche Marken repräsentieren den typisch deutschen Stil?

Florian S. Küblbeck: Alles, was der klassischen, vor allem in den 1950er und 1960er Jahren verbreiteten und damals noch sehr reichhaltigen, deutschen Schneidertradition folgt. Schlichte, unaufdringliche Schnitte ohne unnötigen Firlefanz. Für die meisten Deutschen wird dieses Bild am ehesten von Hugo Boss erfüllt werden. Wenn das Produkt dann noch tatsächlich in Deutschland hergestellt sein soll, und zwar handwerklich so wie wir Liebhaber uns das wünschen, kommt man an Regent nicht vorbei. Deren Qualität kann mit den großen italienischen Namen mithalten, ohne die eigene traditionelle Ästhetik aufzugeben.

Gibt es Stilikonen, die für den typisch deutschen Stil stehen und diesen vertreten?

Florian S. Küblbeck: Das ist geschichtlich sicher einfacher als gegenwärtig. Interessant finde ich beispielsweise den Stil von Trigema-Inhaber Wolfgang Grupp, wobei seine Garderobe nicht dem entspricht, was ich typisch deutsch nennen würde. Wesentlich typischer wäre etwa Horst Tappert als Derrick.

Neben Ihrer Tätigkeit für das Stilmagazin bieten Sie auch Beratungen und Seminare an. Wie läuft so eine Beratung ab?

Florian S. Küblbeck: Das kommt ganz auf die Bedürfnisse desjenigen an, den ich berate. Es gibt Leute, die nur ein wenig Hilfe bei der Auswahl, Vervollständigung oder Kombination ihrer Garderobe suchen. In solchen Fällen reicht es oft, die betreffende Person einmal zum Einkaufen zu begleiten und einige Strategien zur systematischen Beurteilung und zur gezielten Anschaffung von Kleidung zu erarbeiten. Andererseits werde ich auch ab und an gebeten, jemandem bei der Suche nach einem geeigneten Maßkonfektionär, Maßschneider oder Hemdenmacher behilflich zu sein. Dieser Prozess gestaltet sich dann etwas aufwendiger, weil nicht jeder Schneider zu jedem Kunden passt und auch nicht jeder Schnitt an jedem Träger gut aussieht. Nicht wenige Neukunden fühlen sich beim Schneider überfordert oder verunsichert, weil sie plötzlich jedes Detail selbst bestimmen sollen. Der ein oder andere gezielte Schubs in eine bestimmte stilistische Richtung, natürlich passend zum Träger, kann da Wunder wirken und helfen, Schwellenängste abzubauen. Zwischen den beiden dargestellten Extremen sind die Grenzen natürlich fließend.

Und Ihre Seminare?

Florian S. Küblbeck: Derzeit halte ich hauptsächlich Vorträge zu allen möglichen Themen rund um Kleidung, Stil und Herrenmode. Daneben biete ich auch mehrstündige Seminare an, in denen die Teilnehmer lernen, wie sie mit minimalem Einkauf und der gezielten Auswahl von Kleidungsstücken eine maximal vielfältige Garderobe erzeugen können. Dabei ist Warenkunde ebenso Thema wie Passform, Kombination und Kleiderpflege.

Der Sommer steht vor der Tür. Wie würden Sie sich mit einem Budget von maximal 500 Euro für den Sommer von Kopf bis Fuß im typisch deutschen Stil einkleiden?

Florian S. Küblbeck: Wie die zynische Antwort ausfallen würde, können Sie sich inzwischen sicher denken. Dann bliebe sogar noch was vom Einkaufsgeld übrig. In Wirklichkeit würde ich für dieses Budget aber nur ein Paar gute sommertaugliche Schuhe, zum Beispiel einen mittelbraunen Derby aus Rauleder, kaufen und ansonsten Kleidung aus dem letzten Sommer anziehen. Lieber weniger kaufen, dafür das beste, was man sich leisten kann. Wie wichtig gute Schuhe für den gelungenen Look sind, kann man gar nicht oft genug betonen.

Heißt das etwa, man kann sich nur mit viel Geld gut einkleiden?

Florian S. Küblbeck: Nicht zwangsläufig, nein. Geschmack kann man nicht kaufen, weshalb ästhetisches Feingespür sicher wichtiger für den guten Auftritt ist, als schnödes Geld. Viel Geld für ein Kleidungsstück auszugeben, erfordert für die meisten von uns jedoch mehr Auseinandersetzung mit dem Produkt — schließlich soll es lange halten, sein Geld also wert sein. Ich finde liebgewonnene und perfekt gepflegte Dauergäste im Kleiderschrank sinnvoller als billige Saisonartikel.

Der Sommer ist traditionell die Hochsaison für Hochzeiten. Welchen Dresscode empfehlen Sie bei hohen Temperaturen für festliche Hochzeiten?

Florian S. Küblbeck: Bei einer klassischen Hochzeit führt kein Weg am Cut oder „morning coat“ vorbei, also einer dunkelgrauen Jacke mit langen Rockschößen im Rücken, gestreifter Hose und hellgrauer oder pastellfarbener Weste. Etwas weniger förmlich ist der Stresemann, bei dem die lange Jacke durch ein schwarzes Sakko ersetzt wird.

Und bei einer eher formlosen Hochzeit?

Florian F. Küblbeck: In dem Fall würde ich einen dunkelblauen Anzug aus leichtem Wolltuch tragen, dazu eine einfarbige oder kleinformatig gewebte Seidenkrawatte und ein weißes Hemd. Die meisten Zugeständnisse an den Sommer kann man bei der Wahl der Stoffe machen, also offenporigere Gewebe wählen. Zu allen drei Kombinationen sollte man schwarze Schuhe tragen. Von allem, was noch weniger formell ist, empfehle ich schon aus Respekt vor dem Brautpaar abzusehen.

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